Freibetrag höchst unbefriedigend

Zum Sündenfall der so genannten Doppelverbeitragung und was ein neues Gesetz daraus gemacht hat

Mitglied D… des VSZ in Bayern schreibt uns aktuell zum Thema Freibetrag:

„Nachdem lange Zeit von einer Befreiung der Betriebsrenten des doppelten Beitrages die Rede war, kann ich die jetzt beschlossene Regelung als höchst unbefriedigend bezeichnen.“ Und weiter:

„Es hat sich inzwischen herausgestellt, dass eine sofortige Umsetzung offenbar sehr schwierig ist, so dass die Betriebsrentner wohl noch lange nicht mit entsprechenden finanziellen Vorteilen rechnen können.

Allenfalls ist mit einer Rückerstattung der ab 1.1.20 niedrigeren Beitragsteile ab 2021 zu rechnen.“

Monatlicher Freibetrag

Der Gesetzentwurf von CDU/ CSU und SPD „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge“ und der Antrag der Fraktion DIE LINKE „Doppelverbeitragung konsequent beenden – Versicherte entlasten“ wurden Ende 2019 nach vielen Protesten – auch der VSZ-Mitglieder – im Gesundheitsausschuss diskutiert.

Es geht genau darum, dass seit 2004 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (BAV) als Versorgungsbezüge in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) beitragspflichtig sind und die Beiträge von den Betriebsrentnern alleine gezahlt werden. Ein politischer Sündenfall der damaligen Regierung von SPD/ Grüne – mit Zustimmung der CDU/ CSU.

Das verringert natürlich die Attraktivität dieser Form der Altersvorsorge.

Damit das nicht der Fall ist, sollen künftig die Betriebsrentner durch einen monatlichen Freibetrag entlastet werden, der auch auf einmalige Kapitalauszahlungen Anwendung finden soll, so der gemeinsame Antrag der GroKo. Auch die Linksfraktion sieht dieses Problem, stellt aber fest: Der Gesetzentwurf ist keine Entlastung für die vor dem 1. Januar 2004 abgeschlossenen Direktversicherungen. Sie fordert, alle zu entlasten und für alle Betriebsrenten über dem Freibetrag künftig nur noch den halben Beitrag zu erheben.

Das neue Gesetz

Das waren kurz und knapp die Inhalte der beiden Vorlagen. Der Bundestag hat das „GKV- Betriebsrentenfreibetragsgesetz (GKV- BRG)“ am 12. Dezember 2019 beschlossen. Damit werden Rentner durch einen Freibetrag bei den Beiträgen zur Krankenversicherung auf ihre Betriebsrente ab 01. Januar 2020 entlastet. Die so genannte „Doppelverbeitragung“ wurde zum Freibetrag.

Ab Januar 2020 liegt dieser Freibetrag bei 159,25 Euro monatlich. Nur oberhalb dieses Freibetrags müssen künftig Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt werden. Die Beiträge zur Pflegeversicherung werden von diesem Freibetrag nicht erfasst.

So weit so gut, oder doch nicht gut: Ein eingestandener Missstand wurde zwar abgestellt, aber nur ein bisschen und schon gar nicht ab 01. Januar 2020 wie angekündigt.

Warum dauert das so lange?

Aber warum braucht das so viel Zeit, fragt sich auch unser VSZ-Mitglied.

1,4 Millionen Betriebsrentner erhalten ihre Betriebsrente von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Auch sie würden in ihren Krankenkassenbeiträgen entlastet werden. Die Umsetzung der geplanten Neuregelung benötige jedoch eine Vorlaufzeit, so die VBL. Denn im bisherigen Meldeverfahren zwischen den Krankenkassen und den Versorgungseinrichtungen ist ein Freibetrag noch nicht vorgesehen.

Der Hintergrund zur praktischen Umsetzung: Die gesetzlichen Krankenkassen tauschen mit den Versorgungsträgern die erforderlichen Daten für die Ermittlung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge im Rahmen eines elektronischen Meldeverfahrens aus (§ 202 SGB V).

Das neue Gesetz sieht außerdem vor, den Freibetrag von der Summe der monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen aus Betriebsrenten abzuziehen. Dann wäre der Freibetrag nur einmal zu berücksichtigen, auch wenn mehrere Betriebsrenten bezogen werden. Erhalten Rentner Bezüge von mehreren Versorgungsträgern, wäre noch festzulegen, bei welchem Versorgungsträger der Freibetrag berücksichtigt werden soll.

Bis heute hat genau das aber nicht geklappt. Und wird es auch bis Jahresende wohl nicht. Zu Recht beschwert sich darum unser bayrisches Mitglied und befindet sich damit in Übereinstimmung mit dem VSZ.

Erstattung ohne Zinsen?

Voraussichtlich bis 2021 werden Millionen Betriebsrentner unverändert den vollen Beitragssatz an ihre Krankenkasse abführen. Irgendwann später wird es dann Erstattungen geben, allerdings ohne Zeitpunkt und ohne Verzinsung.

Maximal 25 Euro im Monat sind zwar besser als nichts - eine tatsächliche Entlastung wäre es aber, Betriebsrentner wie auch bei der gesetzlichen Rente nur mit dem halben GKV-Beitragssatz zu belasten. Die volle Beitragslast wird von Betriebsrentnern verständlicherweise als nachträgliche „Doppelbelastung“ empfunden. Darüber hinaus kritisiert der VSZ, dass die Regelung nur für die Pflichtversicherten in der GKV gilt. Freiwillig gesetzlich Versicherte werden nicht entlastet - eine weitere Ungleichbehandlung für diese Versichertengruppe. Eine konsistente sowie praktikable Lösung hätte in der Einbeziehung aller gesetzlich Krankenversicherten bestanden. Auch wäre die Umsetzung durch die Anwendung des Freibetrages auf Kranken- und Pflegeversicherung deutlich vereinfacht worden.

Das Ärgerliche daran aber ist, dass die VBL in Ihren Rentenbescheiden noch nicht einmal über die zu hohen Krankenversicherungsbeiträge, die sie noch immer abzieht, informiert.

Von der VBL kennt man es ja nicht anders, aber ein Machtwort der Politik ist vonnöten und könnte sicher beschleunigend sein.

(Betriebsrentner steht der Einfachheit halber auch für Betriebsrentnerinnen)

  • Anhang: Brief von Herrn D. aus Bayern an den VSZ

  • Beitrag der SZ nachzulesen unter: Kommentar-Gut gemeint, schlecht gemacht-Wirtschaft-SZ.de

  • Ein Rechenbeispiel, nachzulesen im Menü „VBL-Rente“ auf dieser HP